Diese Themenseite gilt allein einer bestimmten Selbstauslöser-Reihe und beschreibt deren Entwicklung in chronologischer Folge.

CARL WEBER / KARL FOITZIK

Carl Weber war einer der kreativsten Entwicklern von fotografischen Selbstauslösern. Das perfekte Gerät sollte dabei erschütterungsfrei, kompakt und einfach zu bedienen sein. Bereits als Student verkaufte er seinen selbst entwickelten Photoperfect, um in den 30er Jahren mit dem Direkt endgültig erfolgreich zu sein.

Nach dem II. Weltkrieg setzte Karl Foitzik sein Erbe fort und entwickelte den Rex.

1912: DIE ERSTE FIRMA

Carl Weber, Student der Technischen Universität in Berlin, konstruierte seinen ersten eigenen Selbstauslöser namens Photoperfect und ließ sich die Erfindung in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Frankreich, England und in den USA patentieren.

Zeitgleich gründete er mit gerademal 21 Jahren die Photoperfect GmbH zur 'Fabrikation und Vertrieb photographischer selbsttätig wirkende Auslösevorrichtungen' in Berlin-Wilmersdorf.

1913: EIN ZWEITES MODELL

Der Photoperfect basierte auf dem Prinzip einer Eieruhr, bei der feinkörniger Sand von der oberen Kammer zur unteren fließt und damit ein erschütterungsfreies Zusammendrücken eines Drahtauslösers bewirkte. Durch das Herum­schwenken des Sandbehälters um eine mittlere Drehachse konnte der Photoperfect sofort wieder betriebsbereit gemacht werden.

Bereits einige Monate nach Firmengründung gab es sogar ein zweites Modell für einstellbare Zeitaufnahmen, zu haben in jeder besseren Photohandlung oder direkt per Nachnahme".

1915: DIE KOMPAKTKLASSE (MODELL III)

Photoperfect III
Photoperfect III

Mit dem Photoperfect III konstruierte Carl Weber einen weiteren Selbst­auslöser, der durch Sandrieseln funktionierte. Das neue Modell war mit einer Größe von 67 mm und einem Gewicht von 31 g deutlich kompakter als seine Vorgänger, zugleich aber weiterhin recht einfach zu bedienen. Zum Spannen dreht man das Gerät auf den Kopf und drückt die Feder bis zum Anschlag zusammen. Danach hat man genügend Zeit, es an einem Drahtauslöser zu befestigen, da die Auslösung wie bei allen Photoperfect durch Schwerkraft bedingt erst bei lotrechter Stellung erfolgt. Die Vorlaufzeit beträgt etwa 15 Sekunden und sollte – so der Ratschlag des Herstellers – bei jedem Gerät einmal durch einen Probelauf bestimmt werden.

1917: NEUSTART IN KIEL

Nach seinem Militärdienst immatrikulierte sich Carl Weber an der Christian-Albrecht-Universität zu Kiel und setzte sein Studium der Angewandten Wissenschaften fort.

Gleich in der Nähe fand er auch einige Räumlichkeiten, in denen er die Produktion seines jüngsten Photoperfect wieder aufnehmen konnte. Die beiden älteren Modelle blieben Berliner Geschichte.

1923: DR. CARL WEBER

Carl Weber beendete sein Studium mit einer Promotion mit dem Titel "Methode zur Messung von Kapazitäten nebst Bestimmung einiger Dielektricitätskonstanten von Gasgemischen".

Von nun an konnte er sich als Dr. Carl Weber ganz auf seine "Präzisions-Werkstatt für wissenschaftliche Apparate" konzentrieren.

1924: EIN PATENTIERTER ZAHNFUGENREINIGER

Neben Ingenieurswissenschaften und der physikalischer Chemie betätigte sich Carl Weber auch im medizinischen Bereich als Tüftler und Entwickler.

Ideengeber im Bereich Zahnpflege war sein ehemaliger Schulfreund Oskar Mittag aus Greifswald, mittlerweile selbst promoviert und praktizierender Arzt. Zusammen ließen sie sich eine Vorrichtung patentieren, mit der man auf einfache Art Zahnseide spannen und halten kann. Es blieb das einzige Patent der beiden Herren.

1926: EIN NEUER ZEITAUSLÖSER

Carl Weber widmete sich wieder voll und ganz der Selbstauslöser-Entwicklung und entwickelte zwölf Jahre nach seinem letzten Photoperfect diesen jetzt auch als Zeitauslöser. Beim neuen Photoperfect II sind mit einer Mikrometer­schraube, unterteilt in Intervallen von 1/10 Sekunden, Zeiten bis zu 10 Sekunden einstellbar. Zusätzlich ist das Gerät mit einer Justiervorrichtung ausgestattet, die die Anpassung an den jeweiligen Drahtauslöser erlaubt.

Großen Absatz erfuhr dieses Modell jedoch nicht, da es im Handel mittlerweile attraktivere Geräte zu günstigeren Preisen gab. Ein grundlegend neuer Selbstauslöser musste her, sollte Carl Weber noch einmal durchstarten wollen.

1929: DIREKT

Mit dem neuen Direkt schuf Carl Weber einen Meilenstein in der Entwicklung der Selbstauslöser. Die in vielen Ländern patentierte Konstruktion überzeugte schlagartig in Handhabung, Zuverlässigkeit und Preis. Während seine Photoperfect durch die Bewegung von Sand ein relativ großes Volumen benötigten, konnte Weber durch den Wechsel auf Ölhydraulik einen sehr kompakten Selbst­auslöser entwickeln, der aufgrund seines geringen Gewichtes von 10 g nun ohne Drahtauslöser direkt an einen Kameraverschluss befestigt werden konnte. Entsprechend erhielt der zunächst noch als Photodirect bezeichnete Selbstauslöser dann auch seinen endgültigen Namen: Direkt.

Zum Spannen ist der Auslösestift an einem harten Gegen­stand hineinzudrücken. Der Direkt wird direkt in den Verschluss eingeschraubt und garantierte eine absolut erschütterungsfreie Auslösung.

1930: WEITERE MODELLE

Direkt 102
Direkt 102

Mit dem neuen Direkt hatte Carl Weber eine gute Basis, weitere Modelle zu entwickelt. Den Anfang machte er mit dem Direkt mit seitlicher Feststell­schraube. Bei diesem konnte man verhindern, dass sich der Auslösestift nach dem Spannen gleich wieder in seine Ausgangslage bewegt. So blieb einem etwas Zeit, den Selbstauslöser an den Verschluss zu schrauben, bevor man ihn durch Lockern der Schraube endgültig aktivierte.

1931: KLEIN, ABER FEIN

Für leichtgehende Verschlüsse gab es zunächst als Zu­behör zum Direkt einen Ansatz-Nippel, der den Auslöse­hub verkürzen sollte. Carl Weber ließ sich jedoch auf ein neues Modell ein und trieb damit die Miniaturisierung des perfekten Selbstauslösers weiter voran. Der Direkt für kleine Verschlüsse schaffte es so bei einer Gesamtlänge von 33 mm auf Gewicht von unglaublichen 6,5 Gramm. Die Hublänge und Druck­kraft beträgt ungefähr die Hälfte des Direkt in der Normalausführung.

1932: ELEKTRA

Was vorn wie ein Direkt aussieht, nach hinten heraus jedoch ein langes Kabel hat, ist der Fernauslöser Elektra. Mit Hilfe einer 4,8-Volt-Taschenlampenbatterie lässt dieses Gerät im gewünschten Augenblick eine geräuschlose, stoß- und erschütterungsfreie Verschlussauslösung zu. Der Elektra wird normalerweise mit einem Kabel von 6 m Länge ausgestattet. Ein zweites Modell ist so konstruiert, dass bei der Verschlussauslösung gleichzeitig ein Vacublitz gezündet wird.

1932: DIREKT FÜR LEICA

Um auch einer Leica die Vorteile des Direkt zukommen zu lassen, konstruierte Carl Weber einen Direkt mit Leica-Glocke, der mit dem Hochziehen einer geränderten Hülse gespannt und mit leichter Drehung arretiert werden konnte. So konnte man den Selbstauslöser zunächst auf die Kamera schrauben und ihn erst bei Bedarf starten. Auch war ein erneutes Spannen möglich, ohne den Direkt dafür abnehmen zu müssen.

Die Firma Ernst Leitz, Wetzlar, war voller Lobes und schrieb: Wir haben diesen Auslöser eingehend auf seine Verwendungsmöglichkeit für die „Leica“- Kamera geprüft. Es freut uns, Ihnen mitteilen zu können, daß wir den Selbst­auslöser für sehr gut befunden haben und ihn auch für besser halten als die früheren Ausführungen."
Leitz nahm diesen Direkt für die nächsten sechs Jahre in ihr Verkaufsprogramm und ersetzte ihn erst im Oktober 1938 durch einer eigenen Konstruktion namens Apdoo.

1933: EINE WEITERE LEICA-NEUHEIT

Beflügelt vom Erfolg des Direkt für Leica erweiterte Carl Weber das Gerät zum Zeitauslöser, einstellbar von 0,3 bis 15 Sekunden. Die Öffnung, Belichtung und Schließung sollte voll automatisch erfolgen, geräuschlos und ohne jede Erschütterung.

Dieser neue Direkt fand jedoch aufgrund mangelnder Zuverlässigkeit und des hohen Preises von 12.- RM keinen Absatz. Seine Herstellung wurde nach wenigen Monaten wieder eingestellt. Er ist als Leica-Zubehör praktisch unbekannt.

1934: VERLÄNGERUNGEN

Der Direkt konnte jetzt noch mehr erreichen. Waren schwer zugängliche Verschlüsse für einen normalen Direkt bislang nur über ein zusätzliches Gewinde-Verlängerungsstück erreichbar, gab es den Direkt nun auch mit langem Ansatz für z.B. Brillant. Auch den kleinen Direkt gab es mit langem Ansatz für z. B. Rolleiflex und Rolleicord (Die Abbildung zeigt das Modell in japanische Ausführung namens Magna Press Timer).

Die Serie der Direkt war damit abgeschlossen. Zeitgleich endete nach über zwanzig Jahren die Produktion des Photoperfect.

1943: LUFTANGRIFFE AUF KIEL

Durch den Marinehafen war Kiel bereits kurz nach Kriegsausbruch bevorzugtes Ziel der alliierten Luftwaffe. Die schwersten Angriffe erfolgten im Zeitraum vom 14. Mai 1943 bis 4. April 1945. Kiel wurde zu über 80% zerstört, tausende Zivilisten verloren ihr Leben, blieben vermisst oder wurden verletzt. Auch Dr. Carl Weber starb in dieser Zeit.

1945: DER NEUANFANG

Quelle: volksfreund.de
Quelle: volksfreund.de

Nach Ende des II. Weltkriegs gründete Carl Webers Neffe Karl Foitzik seine 'Feinmechanische Werkstätten' in Lübeck. Vor der Zerstörung der Produktionsstätte in Kiel konnten die meisten Maschinen und Materialien gesichert werden und dienten nun dem Neuaufbau. Neben der Produktion der Selbstauslöser Direkt und des Fern­auslösers Elektra entwickelte der gelernte Maschinen­bau­ingenieur auch anderes Fotozubehör sowie bald auch eigene Kameras.

Die Neuauflage des Direkt lässt sich einfach an dessen Beschriftung erkennen. Während die ursprünglichen Geräte die Prägung 'D.R.P.' tragen, besitzen die Nachkriegsmodelle die Prägung 'Germany'.

1950: AUS DEM DIREKT WIRD DER REX

Karl Foitzik entwickelte nun eine zweite Serie glycerinhydraulischer Selbstauslöser und ließ diese als Gebrauchsmuster (DBGM 1613798) schützen. Dazu verpasste er den Direkt einen zusätzlichen roten Signalknopf und bezeichnete diese Selbstauslöser zu­nächst als Direkt II. Kurze Zeit später stellte er sie mit „Achtung! Neuheit! REX d e r Selbst­auslöser" auf der Photokina 1950 in Köln vor.

1951: UMZUG NACH TRIER

Bereits mit der Entwicklung eigener Kameras suchte Karl Foitzik nach einem geeigneteren Standort für seine Feinmechanischen Werkstätten. Die Wahl fiel auf Trier, wo er in der Grabenstraße 15 ein vier­stöckiges Geschäftshaus bauen ließ und dort im Oktober 1951 mit zwanzig Mitarbeiter die Produktion neu startete.

Der Selbstauslöser Rex wurde dort wie der Direkt in fünf Modellen sowie diversem Zubehör hergestellt.

 

1954: WEITERER AUSBAU

Rex 206b
Rex 206b

Um dem massiven Wachstum der Foitzik-Kamerawerke zu entsprechen, verlagerte Karl Foitzik im Juli 1954 den Firmenstandort in die 600 m entfernte Bernhardstraße in Trier-Heiligkreuz. Das Unternehmen beschäftigte mittlerweile über 150 Mitarbeiter und exportierte seine Ware in über 60 Länder.

Mit dem erneuten Umzug wurden die Selbstauslöser der Serie Direkt nicht mehr produziert. Stattdessen wurde die Serie Rex um ein Modell erweitert: einem kleinen Modell für Kameras mit leichtgehenden Verschlüssen mit seitlicher Feststellschraube und dem Bestellcode 206b.

1958: ENDE DER PRODUKTION

Am 21. Dezember 1955 war Karl Foitzik geschäftlich nach Frankfurt unterwegs und ver­unglückte tödlich auf schneeglatter Fahrbahn bei Simmern im Hunsrück. Die Firma konnte sich von dem Schock des plötzlichen Ablebens ihres genialen Kopfes nicht erholen, zumal auch die japanische Konkurrenz stetig an Boden gewann. Im April 1958 wurde die Produktion schließlich eingestellt.

Ein schöner Artikel mit vielen interessanten Informationen zu den Foitzik-Kamerawerken ist unter "Kameras made in Trier" bei volksfreund.de zu finden.

letzte Änderung: 25.07.20