Diese Themenseite gilt allein einer bestimmten Selbstauslöser-Reihe und beschreibt deren Entwicklung in chronologischer Folge.

AUTOKNIPS

Der Autoknips wurde über einen Zeitraum von über 70 Jahren und drei Generationen hergestellt und war der erfolgreichste Selbst­auslöser weltweit.

Obwohl er auch heute noch sehr verbreitet ist und sein Name als Synonym für Selbstauslöser gilt, ist seine Geschichte weitgehend unbekannt.

1895: DER GRUNDSTEIN

Der Fotograf und Reklamefachmann Friedo Wiesenhavern eröffnete am 1. November 1895 in der Innenstadt Hamburgs einen eigenes Geschäft für Fotobedarf. Neben einem stetig wachsenden Angebot rund um die Fotografie wurde er mit seinem Motto Immer preiswert - Immer gut beraten" schnell erfolgreich. Als einer der ersten bot er seine Waren auch per Versandkatalog an. Der Kundenkreis reichte bald von Schweden bis Guatemala.

1900: MARKENPRODUKTION

Wiesenhavern entwickelte auch eigene Produkte, die unter der Marke EFFWEE verkauft wurden. Sein 'Special-Versand­haus für Amateur­photographie' in der Kleine Bäckerstr. 11 wurde dabei zum Effwee-Haus.

In dem vierstöckigem Gebäude wurde auch eine Werkstatt eingerichtet, in der neben Reparaturen künftig die neuen Effwee-Produkte entwickelt und hergestellt wurden. Wiesenhavern konnte nun Kundenwünsche direkt umsetzen.

1906: IDEENGEBER

Unweit des Effwee-Hauses, in der Kleine Bäckerstr. 18, richtete ein talentierter Fein­mechaniker eine neue Werkstatt ein: Conrad Bernitt, Hersteller der bereits legendären Bosco-Automaten. Dessen Geräte wurden meist auf Jahrmärken und Volksfesten auf­gestellt und gaben für einen Münzeinwurf von 50 Pfennig jedem Besucher die Möglichkeit, sich selbst zu fotografieren.

Bernitts Erfolg vermittelte Wiesenhavern bald die Nachfrage an Selbstportraits und die Idee, ein Fotozubehör mit jener Funktion zu entwickeln.

1908: HEINRICH KLAPPROTT

Wiesenhaverns Ideen für neue Effwee-Produkte wurden von seinem Schwager Heinrich Klapprott technisch umgesetzt. Dieser zog 1908 in den dritten Stock des Effwee-Hauses und konnte von dort aus direkt die Werkstatt leiten, während sich Wiesenhavern sich auf den Verkauf fokusierte.

1909: DER ERSTE EFFWEE-AUTOKNIPS

EFFWEE Urtyp
EFFWEE Urtyp

Im Herbst 1909 konnte Wiesenhavern nun erstmals einen eigenen Selbstauslöser präsentieren. Der Effwee-Autoknips wird mit einer Schraub­klemme am Laufboden einer Kamera befestigt und wirkt über einen Faden mit einem Messinghäkchen direkt auf den Abzughebel des Verschlusses. „Epoche­machende Erfindung!", „Das Ei des Columbus! „Absolut sicher funktionierend. Kein komplizierter Mechanismus, daher äusserst einfach in der Handhabung. In 5 - 10 Sekunden an jeden Apparat montiert und gebrauchs­fertig. Sehr klein und zierlich, daher in jeder Westen­tasche unterzubringen." hieß es dazu in einem Prospekt.

1910: ENTWICKLUNGEN

Bereits wenige Monate nach Markteinführung wurde der Effwee-Autoknips durch eine weitere Ausführung ergänzt. Während das ursprüngliche Modell lediglich für regulierbare Zeitverschüsse geeignet war, konnten mit dem neuen Modell II nun auch nicht regulierbare Verschlüsse betätigt werden.

Beide Modelle wurden zusätzlich mit einem Sperr­hebel ausgestattet, der es ermöglicht, das Uhrwerk bereits vor der Installation aufziehen zu können. Die Beschriftung "EFFWEE-AUTOKNIPS D.R.G.M." wanderte damit auf den Rand des Gehäuses.

1912: WEITERE MODELLE

Neben den beiden Modellen I und II gab es mittlerweile zwei weitere Modelle, die durch eine veränderte Position der Schraubzwinge auch von der gegenüberliegenden Seite des Verschlusshebels dessen Betätigung ermöglichten. Trotz dieser Modellvielfalt blieb der Verkaufserfolg doch

eher bescheiden, wohl deshalb, da man je nach Lage des Abzughebels und Beschaffenheit des Kameraverschlusses sich zunächst für eine passende Ausführung entscheiden musste. Zusätzlich war die Fummelei mit Faden und Haken nicht übermäßig attraktiv, zumal es bereits einen universellen Selbstauslöser auf dem Markt gab, der direkt einen Drahtauslöser bewegen konnte: den Autex von Heinrich Ernemann aus Dresden.

1914: EFFWEE-AUTONKIPS (MOD. III)

Ein neuer Selbstauslöser musste her: preiswert, kompakt und einfach in der Handhabung. Aber vor allem: preiswerter, kompakter und einfacher als das Konkurrenzmodell Autex von Ernemann. Heinrich Klapprott realisierte dies mit dem Effwee-Autoknips III. Für nur 7,50 Mark (statt 12,- Mark) erhielt man einen 65g (statt 85g) leichten Momentauslöser, bei dem man nun erstmals über eine Greiferschiene einen Drahtauslöser einspannen und bewegen lassen konnte.

Friedo Wiesenhavern ließ dieses Gerät als Gebrauchsmuster (DRGM 624836) schützen. Der neue Effwee-Autoknips wurde schnell erfolgreich und löste inner­halb eines Jahres alle bisherigen Effwee-Autoknips-Modelle mit Schraub­klemme ab.

1915: GRUSS AUS ÖSTERREICH

Mit dem neuen Modell waren die Weichen gestellt, den Autoknips als wirklich praktisches und erschwingliches Zubehör anbieten zu können. Leider ist heute meist unklar, welche Aufnahmen letztlich mit ihm gemacht wurden, da der Selbst­auslöser selbst nicht auf dem Bild erscheint oder sich doch noch eine helfende Hand zum Fotografieren finden konnte.

Diese abgebildete Aufnahme ist nachweislich ein Selbstportrait und entstand im Juli 1915 „bei der Tirolerin“. Rudi (links im Bild) war mit Otto (rechts) am Dachstein bergsteigen und schickte dieses Foto nun als Postkarte an seinen Freund Hans, der nicht mit dabei sein konnte. Die Zeilen auf dem Urlaubsgruß geben Auskunft über die spezielle Aufnahmetechnik: „natürlich mit dem Auto-Knips!“

1917: KONKURRENZ AUS DER SCHWEIZ

Friedo Wiesenhavern nahm den Rechtsanspruch am Effee-Autoknips sehr ernst. Als in Frühjahr 1917 der erste Photoclip aus der Schweiz auch in Deutschland angeboten wurde, inserierte er im Fachblatt 'Die photographische Industrie': „Dessen Vertrieb bzw. Verkauf verstößt gegen die mir durch Gebrauchsmuster patentamtlich geschützte Rechte meines selbstätigen Verschlußauslösers Effwee-Autokinps. Ich warne daher die deutsche Händlerschaft im eigenen Interesse, diesen Verschlußauslöser Photoclip in Deutschland zu verkaufen. Sollte dies bereits geschehen sein, so werde ich die mir zustehenden Rechte wahrnehmen." 

1919: DER ERSTE HAKA AUTOKNIPS

Nach dem I. Weltkrieg übernahm Heinrich Klapprott den technischen Bereich im Effwee-Haus, während Friedo Wiesenhavern den Verkauf forcierte. Aus dem Effwee-Autoknips wurde ohne weitere Änderung der erste Haka-Autoknips. Um die Konkurrenz weiterhin auf Abstand zu halten, meldete er den Autoknips für weitere drei Jahre als Gebrauchsmuster (DRGM 724236) an.

1921: HAKA-BLITZLICHTLAMPE

Foto: Johann Willsberger "Fotofaszination" (1975)
Foto: Johann Willsberger "Fotofaszination" (1975)

Klapprotts Entwicklungen waren nicht auf Selbst­auslöser beschränkt. Eine seiner originellsten Erfindungen war die 'Selbsttätige Haka-Blitzlicht­lampe', die er in Deutschland, Österreich, Frank­reich und England patentieren ließ. Die Symbiose eines Autoknips mit einer Fischdose bewegt eine brennende Kerze langsam zu einer Zünd­schnur, die beim Abbrennen offenes Blitzlichtpulver entzündet. Hierdurch gewinnt der Fotograf genügend Zeit, bei geöffnetem Objektiv und sonst schwacher Beleuchtung selbst auf dem Foto zu erscheinen.

1922: EXPORT IN DIE USA

Bereits 1922 wurden der erste Haka-Autoknips auch in den USA angeboten. Mit der Beschreibung "The best and most efficient self-timer on the market today and made right." und einem Preis von $1.50 ...

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1922: PATENTSCHUTZ, 1. TEIL

Heinrich Klapprott verließ das Effwee-Haus und richtet sich ein paar Häuserblocks entfernt in der Mühlenstr. 50 seine 'Fabrik photographischer Hilfsmittel' ein. Neben dem einfachen Haka-Autoknips entwickelte er nun auch einen Zeitauslöser, den er aufgrund einer eigens entwickelten Technik zum Patent anmelden wollte. Unglücklicherweise wurde der Antrag abgelehnt, da bereits im April 1922 ein Schweizer Uhrenmechaniker namens Jaques Zurflueh eine ganz ähnliche Vorrichtung schützen ließ. Dieser nutzte seinen Vorteil und brachte auch bald eine deutsche Version seines Chronometreur J. Z. auf den Markt, dessen Botschaft eindeutig war: „Der Zeitauslöser CHRONOMETER J. Z. allein ersetzt die Handauslösung“.

1923: HAKA ZEITAUSLÖSER

Nach der gescheiterten Patentanmeldung ließ sich Heinrich Klapprott seinen neuen Zeitauslöser im März 1923 zumindest als Gebrauchs­muster schützen und setzte auf Qualität und Service: Sollte trotz der soliden Arbeit einmal eine kleine Reparatur notwendig sein, so bitte ich den Autoknips zwecks Instandsetzung nach hier einzusenden und nicht erst von unkundiger Hand auseinandernehmen zu lassen". Tatsächlich sollte der Autoknips bis 1980 der weltweit erfolgreichste Selbstauslöser werden.

1923: SIGNALWIRKUNG

Mit der Markteinführung des Zeitauslösers wurde auch der ursprüngliche Moment­auslöser aufgewertet. Der neue Haka-Autoknips I hatte deutlich kleinere Abmessungen als das ursprüngliche Modell und nun erstmals eine rot lackierte Signalkelle. Als Abnehmer größerer Mengen bekam Contessa-Nettel zur üblichen Beschriftung 'Autoknips D.R.G.M.' zusätzlich 'Contessa-Nettel A.G. Stuttgart' auf die Rückseite des Selbstauslösers geprägt.

Auch der Zeitauslöser erhielt einen roten Signalpunkt und nun die offizielle Bezeichnung Autoknips II.

1924: HAKA AUTO-SNAP und AUTOCLICK

Mit den beiden neu aufgemachten Selbstauslösern wollte Klapprott nun die Welt erobern. Für den Export in die USA benannte er seine beiden Autoknips-Modelle jetzt Haka Auto-Snap, dann als Haka Autoclick. Letzten Endes kamen Klapprotts kleine Racker auch mit ihrem deutschen Namen gut an, erfüllten sie doch einfach und zuverlässig ihre Aufgaben, auch wenn ein einzelner Auslöser oft nur als Autoknip bezeichnet wurde.

1926: BUTCHER AUTOTIMER

Ein weiterer Name für die Autoknips ergab sich mit der Bestellung eines größeren Postens Selbstauslöser für den britischen Kamera­­hersteller W. Butcher & Sons.

Dieser bezog seinen 'Carbine Autotimer' bislang von Klapprotts Widersacher Jaques Zurflueh und bestellte nun die beiden attraktiveren Modelle in Hamburg mit der schlichten Bezeichnung 'Autotimer'.

1927: DIE MARKE HAKA

Heinrich Klapprott zog erneut um: Die neue Anschrift lautete jetzt Hamburg 11, Hahntrapp 2. Neben den Namen 'Autoknips' und 'Fotoknips' ließ Klapprott auch den Firmenname 'Haka' als Waren­zeichen schützen. Seine erfolgreichsten Haka- Produkte waren die beiden Haka- Expometer („Jedes Kind kann somit richtig belichten"), die Haka-Blitzlicht­lampe („Die beliebteste Blitzlicht­lampe zum Selbstphotographieren") und natürlich die beiden Haka-Autoknips („Viele hundert­tausend Stück bereits im Handel.").

1928: NICHT VON PAPPE

Der Autoknips entwickelte sich stetig weiter und mit ihm die Farbe seiner Papp­schachtel, sodass man mit sachkundigem Auge schon von außen auf das Herstellungs­jahr schluss­folgern kann.

Im Jahre 1928 erfolgte die Umstellung auf Alumniniumboxen. Die neuen Behälter waren besonders bei regelmäßigem Gebrauch der Selbstauslöser um einiges widerstands­fähiger als bisherige Kartons.

1928: BALDA AUTOKNIPS

Ein neuer Großabnehmer war Max Baldeweg aus Dresden, der Selbstauslöser der Marke Balda in seinem Verkaufsprogramm wünschte. Klapprott belieferte ihm seine beiden Modelle als ‘Balda-Autoknips‘, inklusiv einer eigenen Gebrauchs­anweisung. Spätere Ausführungen trugen sogar die Bezeichnung ‘Balda-Knips‘, die sich Baldeweg als Warenzeichen schützen ließ. Die rückseitige Prägung 'Autoknips' blieb jedoch stets erhalten.

1929: ZAHLENCODE

Heinrich Klapprott brachte an den Selbstauslösern seitlich unter dem Abstellhebel eine Markierung an, die das Herstellungsjahr nun ein­deutig anzeigte. Zunächst nur mit einem 'O', dann aber mit einer Zahl, die für einen Jahrgang stand: '0' für 1930, '1' für 1931, '2' für 1932, '3' für ... (man ahnt, wie es weitergeht), bis schließlich '10' für 1940.

Mit diesem Zahlencode lassen sich heute leicht Geräte im Fremdauftrag datieren (z. B. Balda, Agfa, Ensign, Dul-Pen, Expo oder Zeiss Ikon).

1930: FAMILIENBANDE

Foto: http://www.wiesenhavern.de
Foto: http://www.wiesenhavern.de

Friedo Wiesenhavern übernahm die Geschäfts­räume der Amatura GmbH in der Mönckeberg­straße, Hamburgs Flanier­meile zwischen Haupt­bahnhof und Rathaus. Friedo Klapprott hatte mittlerweile seine kauf­männische Lehre bei seinem Onkel abgeschlossen und unter­stützte diesen maßgeblich im Verkauf. Heinrich Klapprott hatte so gleich zwei Kauf­männer in der Familie, die ihm bei der Ver­marktung seiner Autoknips gut beratend zur Seite standen, während sein zweiter Sohn Oskar ihm direkt im Betrieb half.

1930: PATENTSCHUTZ, 2. TEIL

Nach acht Jahren war es soweit: Im April 1930 erwarb Heinrich Klapprott von Jaques Zurflueh die Schutzrechte am DR-Patent Nr. 391579. Die Vorherrschaft des Autoknips II war damit auch patentrechtlich gesichert. Alle seitdem hergestellten Zeitauslöser erhielten statt des Aufzugpfeils nun die Prägung 'D.R.P.' auf ihre Vorderseite.

Nur am Rande: Klapprotts neue Adresse lautete jetzt Hamburg 25, Bürgerweide 62.

1930: VERKAUFSOFFENSIVE

Kaum waren die Patentrechte am Autoknips II gesichert, startete Heinrich Klapprott eine Verkaufsoffensive. Auslöser hierfür war ein deutliches Signal an die Konkurrenten Franz Bauer (Favorit) und Franz Morat (Omega), aber auch der Ausverkauf von Lagerbeständen des Autoknips II noch ohne die Prägung 'D.R.P.'. Händler erhielten bei einer Bestellung innerhalb von 60 Tagen 50% Rabatt, frei von Porto- und Verpackungs­kosten mit zusätzlich 5% Skonto bei Zahlung innerhalb 30 Tagen. Gleichzeitig erhielten Endkunden eine dauerhafte Preisermäßigung für Modell I von 6.- auf 5.- RM und für Modell II von 9.- auf 8.- RM.

Wurde der Autoknips damals bereits als „Der am meisten gekaufte Auslöser auf der ganzen Welt“ bezeichnet, war er es spätestens nach dieser Aktion.

1930: BIG IN JAPAN

Bis nach Japan wurden die Autoknips exportiert. Klapprotts Selbstauslöser wurden dort eigens zum Patent angemeldet und mit der Prägung 'Registered Japan' versehen.

Tatsächlich konnte Heinrich Klapprott dort seinen Marktanteil an Selbst­auslösern viele Jahre halten.

1931: DIE AUTOKNIPSFABRIK

Nachdem die Welt durch den Autoknips erobert schien, verabschiedete Heinrich Klapprott sich von der Produktion von Belichtungsmessern, Blitzlichtern und ähnlichem Zubehör und konzentrierte sich seither ausschließlich auf Selbstauslöser. Der gerade erst bezogene dreigeschossiges Neubau in Hamburg 25, Bürgerweide 62 bot genügend Platz für einen massiven Ausbau der Produktionskapazitäten.

'Autoknipsfabrik' .

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1932: PATENTSCHUTZ, 3. TEIL

I+II (1932)
I+II (1932)

Der Erfolg der Marke Autoknips veranlasste Klapprott, den Patentschutz der mittlerweile veralteten Technik des Autoknips II nicht weiter zu verlängern. Die Beschriftung 'D.R.P.' auf dem Zeitauslöser blieb jedoch weiterhin bestehen.

Im selben Jahr wurde der Autoknips I etwas kleiner. Der Abstellhebel wanderte dabei von (stehend von vorn be­trachtet) links nach rechts, um den meist rechtshändigen Anwendern ein leichteres Umlegen des Abstellhebels zu ermöglichen. Auch die Preise wurden erneut reduziert. Ein Autoknips I kostete nun nur noch 4.- RM, ein Autoknips II 7.- RM.

1932: PREISBOXEN

In den 30er Jahren wurden einfache Boxkameras für jeder­mann erschwinglich. Die Firma Agfa bot 1932 ihre 'Agfa-Preisbox' quasi zum Selbstkostenpreis von 4.- RM an. Die Nachfrage war enorm und die Rechnung ging auf: Agfa verdiente durch einen wachsenden Bekanntheitsgrad und den Verkauf von Filmen.
Zum Leidwesen der Selbstportraitisten besaß diese Box­kamera nur einen simplen Auslösehebel statt des sonst üblichen Anschlussgewindes. Abhilfe versuchte zunächst Heinrich Klapprott mit einer eigens angepassten Interpretation des Autoknips I. Dieser blieb jedoch erfolglos, da sich Agfa für einen billigeren, schwarz lackierten Favorit-Boxauslöser entschied.

1934: ENSIGN AUTOTIMER

Bis auf die ganz billigen besaßen Boxkameras in der Regel einen Drahtauslöseanschluss sowie - je nach Wahl in Hoch- oder Querformat - zwei Sucher und zwei Stativanschlüsse. Der britische Kamerahersteller Ensign (ehem. Houghton-Butcher) nutzte diesen Umstand mit einer Bestellung beider Autoknips-Modelle als Sonderanfertigung. Ihre 'Autotimer' wurden auf der Rückseite mit einem Stativgewinde versehen, damit die Selbstauslöser an dem einen, stets nicht verwendeten Anschluss an der Box befestigt werden können.

1935: DER FOTOKNIPS

Als Reaktion auf Hugo Morats neuen Zeitauslöser Framex brachte Klapprott zwei neue Modelle auf den Markt: Fotoknips I und Fotoknips II. Die Unterschiede zum Autoknips liegen im Namen, beim Gehäuse (Neusilber statt Messing vernickelt) und in der Farbe des lackierten Signalpunktes (gelb statt rot). Ein angeblich kräftigeres Uhrwerk ist nicht wirklich wahr­zunehmen. Entsprechend hielt sich auch die Begeisterung der Kundschaft in Grenzen. Die Produktion der beiden Fotoknips wurde noch im selben Jahr wieder eingestellt.

1936: LEICA-AUTOKNIPS

Während E. Leitz, Wetzlar noch an der Konstruktion des hauseigenen Selbstauslösers Apdoo für die Leica werkelte, brachte Heinrich Klapprott einen Autoknips speziell für eben diese Kamera auf den Markt. Dieses anfangs als Leica-Autoknips bezeichnete Gerät bestand im Wesentlichen aus einem Uhrwerk eines Autoknips I und einer unten angebrachten Leica-Glocke, die das direkte Aufschrauben an die Kamera ermöglicht. Entsprechend der aktuellen Bauweise des Autoknips I liegt der Abstellhebel damit auf der rechten Seite. Hier erkennt man den maßgeblichen Unter­schied zur Nachkriegs­ausführung, bei der der Abstellhebel auf der linken Seite liegt (siehe auch Detailseite Autoknips III).

1936: ZEISS-IKON AUTOKNIPS

Zeiss-Ikon (ehemals Ernemann) stellte die Produktion der hauseigenen Serie Autex ein und beendete damit einen über 25 Jahre gehenden Wettlauf um den erfolgreichsten Selbstauslöser. Fortan bestellte Zeiss-Ikon bei seinem Konkurrenten Klapprott, bekam jedoch im Gegenzug ein Zeiss Ikon-Logo auf die neuen Geräte. Den Autoknips II gab es zusätzlich auch mit Sucherfuß, sodass er direkt auf die Kamera gesteckt werden konnte.

1938: HEINRICH KLAPPROTT †

Heinrich Klapprott stirbt unerwartet und hinterlässt die Autoknipsfabrik seiner Frau Bertha sowie seinen Kindern Friedo, Oskar und Anneliese. Den Erben sollten schwere Zeiten bevorstehen.

1940: ENGPÄSSE

Im Verlauf des II. Weltkriegs wurden in Deutschland Betriebe verstärkt in die Produktion für Rüstungsgüter eingebunden oder einfach stillgelegt. Bei der Autoknips-Herstellung ging zunächst der Lack aus, so dass für diesen auf Restbestände des Fotoknips zurückgegriffen wurde. Die Autoknips erhielten statt dem klassischen Rot nun einen gelben Signalpunkt. Weitere Farbtöne folgten, bis die Herstellung gänzlich eingestellt wurde.

1941: DAS AUTOKNIPS-VERBOT

Der Übergang zur totalen Kriegswirtschaft Deutsch­lands erfasst nun auch direkt die Produktion von Selbstauslösern. Ein Dokument dieser Zeit ist die hier abgebildete Postkarte vom 28. Juli 1941: Leider kann ich Ihnen damit im Augenblick aber nicht dienen, da die Erzeugung und Auslieferung von Autoknipsen für den Inlandbedarf nicht mehr erlaubt ist., so die freundliche Absage der Autoknipsfabrik an einen interessierten Kunden.

1943: OPERATION GOMORRHA

Hamburg galt als eine der größten Waffenschmieden des Deutschen Reichs und wurde im Sommer 1943 mit der 'Operation Gomorrha' von der britischen und amerikanischen Luftwaffe systematisch bombardiert.

In den bis dahin schwersten Angriffen in der Geschichte des Luftkrieges wurden auch die Autoknipsfabrik und das Fotogeschäft Wiesenhavern zerstört.

 

1946: WIEDERAUFBAU

Foto: http://www.wiesenhavern.de
Foto: http://www.wiesenhavern.de

Nach dem II. Weltkrieg baute Friedo Klapprott zunächst das Fotogeschäft seines Onkels Friedo Wiesenhavern wieder auf. Da das Kontorhaus Commeter der alten Adresse Möncke­berg­str. 20 durch die Bomben­angriffe der Alliierten massiv beschädigt war, zog er nur einige Haus­nummern entfernt in die Räume eines ehemaligen Zigarren­geschäfts im Kontorhaus Rappolt, Mönckebergstr. 11.

Viele Waren hatten durch rechtzeitige Einlagerung die Kriegs­zeiten unbeschadet überstanden und zierten nun zum Erstaunen der Passanten die neuen Schaufenster.

Durch Klapprotts unermüdlichen Einsatz blieb der Name Wiesenhavern als Hamburgs ältestes Fach­geschäft für Fotografie in mittlerweile über 50-jähriger Tradition erhalten.

1950: KLAPPROTT & LAMPE

Nach dem gelungenen Wiederaufbau des Fotogeschäftes versuchte sich Friedo Klapprott nun auch wieder in der Produktion von Selbst­auslösern. Klapprotts Schwester Anneliese war mittlerweile mit dem Kaufmann Georg Lampe verheiratet, der sich ideal als Gründungs­teilhaber einer neuen Firma eignete. Zusammen ließen die beiden Herren 1950 die 'Klapprott & Lampe Autoknipsfabrik' in Hamburg-Rahlstedt entstehen.

1950: MODELLPFLEGE

Im Zuge des Neuaufbaus wurden einige Details der Autoknips verändert.

1) Bei allen Modellen wurden auf den seitlichen Zahlencode unterhalb des Abstellhebels verzichtet.

2) Beim Autoknips II wurde die Qualität der Zahlen­scheibe sichtbar verbessert. Das verwendete Aluminium wurde nun lichtecht eloxidiert und verfärbt sich nach längerer Lichteinstrahlung nicht mehr braun.

3) Beim Leica-Autoknips, der nun die Modellbezeichnung Autoknips III bekam, wanderte die Position des Abstellhebels von rechts nach links. Da der verschraubte Selbstauslöser auf der Kamera ebenfalls auf der linken Seite lag, konnte man ihn nun besser erreichen, ohne über die Kamera greifen zu müssen.

1952: AUTOKNIPS IV

Nachdem die Produktion der drei Autoknips-Modelle wieder angelaufen war, konstruierten Klapprott & Lampe den Autoknips IV. Die Idee lag auf der Hand: Ein direkt an den Verschluss aufschraub­baren Selbstauslöser ohne den Umweg über einen Drahtauslöser, eigentlich wie bereits beim Leica-Autoknips, jedoch nun auch mit einem konventionellen Compur-Gewinde.

Die neuartige Bewegung des Stößels innerhalb des Selbst­auslösers ließ Georg Lampe bereits im Juni 1950 zunächst in einer Hilfsanmeldung vorab schützen. Die eigentliche Antrag als Gebrauchsmuster (DBGM 1660331) erfolgte im Juli 1953.

1954: WIRTSCHAFTSWUNDER

Das Wirtschaftswunder erfasste auch die Autoknipsfabrik und ließ die Nachfrage an Selbstauslösern deutlich steigen. Deren bisherigen Verpackungen aus Aluminium und Pappe wurden durch den modern werdenden Werkstoff PVC ersetzt. Die neuen blau-silbernen Plastikschachteln waren wesentlich robuster und ließen die Marke Autoknips bereits von weitem erkennen.

1956: AUTOKNIPS V

Der Grund für ein weiteres Autoknips-Modell lag in der logischen Konsequenz, die attraktivsten Elemente bisheriger Modelle zu vereinen. Der Autoknips V wurde deshalb ein Zeitauslöser, den man direkt an die Kamera schrauben kann.

Auch heute noch finden sich Anwender des Autoknips V für Langzeitbelichtungen mit Analogkameras.

 

Für die Wiesbadener Wirgin Kamerawerke gab 1958 es eigens ein Modell mit der Bezeichnung Edixa-Autoknips.

1959: MODELLBAU

Seit Herbst 1959 konnte die Autoknipsfabrik eine überraschend zunehmende Nachfrage des Autoknips I verzeichnen. Verlor das erste und einfachste Autoknips-Modell doch bereits seit Jahren an Bedeutung, zog vor allem der Export nach England wieder deutlich an.

Der Auslöser dieser Entwicklung fand sich in der Fach­zeitschrift Aero Modeller vom Juli 1959.

Englische Hobbybastler modifizierten einen Autoknips zu einem Zeitschalter, der nach etwa 30 Sekunden ein Modellflugzeug in den Sinkflug zwingt, bevor es seinem Besitzer entwischen kann.

1960: AUTOKNIPS AK

Autoknips AK
Autoknips AK

Das sechste und letzte Autoknips-Modell wurde als Autoknips AK bezeichnet. 'AK' steht dabei für 'automatische Kamera', wobei der Autoknips AK einen für damalige automatische Kameras notwendigen besonders starken Druck des Auslösestifts entwickeln konnte. Technisch entspricht der Autoknips AK dem Autoknips IV, wobei das Gehäuse um 13 mm und der Auslösehub um ca. 5 mm verlängert wurde.

1962: LEICHTGEWICHT

Die neue Anwendung des Autoknips I im Modellflugzeugbau veranlasste George Lampe zu einer Spezialausführung mit Aluminiumgehäuse, ohne lackierter Signalscheibe. Mit gerade einmal 26g statt den üblichen 38g wurde der Autoknips für den Modellflugzeugbau nun noch attraktiver.

Angeboten wurde dieses Modell u. a. von Modellbau­unternehmen Graupner als Zeitschalter Nr. 1300.

1965: MADE IN HAMBURG

Unter der Rubrik “Made in Hamburg“ stellte die Welt am Sonntag insgesamt 39 bedeuten­de Hamburger Handwerks- und Gewerbebetriebe vor. Im April 1965 erschien hierzu auch ein Artikel zur Firma Klapprott und Lampe. Illustriert wurde das ganze von dem Hamburger Maler Wolfgang Götze, der in seine Zeichnung auch einen Bezug zum Modell­flugzeug­bau aufnahm.

Die Autoknips­fabrik hatte damals 15 Mitarbeiter und stellte jährlich rund 50.000 Selbstauslöser her. Der Exportanteil lag bei etwa 50%.

1970: RUHESTAND

Friedo Klapprott vermachte seinen Anteil der Autoknipsfabrik seinem Schwager Georg Lampe und ging in den wohlverdienten Ruhestand.

1973: DER BEDARF SCHWINDET

Der Autoknips III (das Modell mit der Leica-Glocke) verschwand aus dem Angebot. Leitz hatte bereits 1965 die Produktion ihres Apdoo eingestellt, da die Nachfrage stetig nachließ.

1980: DIE LETZTEN AUTOKNIPS

die letzten Autoknips
die letzten Autoknips

Nach über 70 Jahren wurden in Hamburg die letzten Autoknips gefertigt. Die Erfolgsgeschichte des meistverkauften Selbstauslösers der Welt ging damit zu Ende.

Die hier abgebildeten Selbstauslöser sind die definitiv letzten Geräte. Ich habe sie Ende der 80er Jahre von Anneliese Lampe, Witwe des Georg Lampe, zusammen mit weiteren Autoknips-Unikaten geschenkt bekommen. An dieser Stelle möchte ich mich dafür nochmals ganz herzlich bedanken.

1998: FILMSTAR

Screenshot aus Max Färberböcks “Aimée & Jaguar“ (1998)
Screenshot aus Max Färberböcks “Aimée & Jaguar“ (1998)

 Achtung“, so der Hinweis von Amelie an Lilly, den Blick zur Kamera zu richten. Die nächste Szene zeigte dann in voller Größe eine Leica mit einem Autoknips III, der mit leichtem Surren den Verschluss auslöste. Meine Freude war entsprechend riesig, zumal eine spätere Videoanalyse des Kinofilms ‚Aimée & Jaguar‘ die Verwendung der 'richtigen‘ Modellvariante aus den 30er Jahren bestätigte.

2009: FAMILIENTRADITION

Foto: http://www.galvanik-lampe.de
Foto: http://www.galvanik-lampe.de

Auch 100 Jahre nach dem ersten Autoknips sind die Wurzeln der Familien noch erkennbar.

Gerwin Lampe betreibt in Hamburg einen Meister­betrieb für das Verchromen individueller Bauteile. Dies reicht von Oldtimern, über Motorradteile bis hin zu Schuhen. Daneben wird auch Verkupfern und Vernickeln angeboten.

Friedo Heinrich Klapprott unterhält einen Technik- und Maschinenhandel mit den Schwerpunkten Motoren, Altmetall und Schrottrecycling.

letzte Änderung: 08.04.20